Geschichte der Stadt Wilhelmshaven
::Jade-Vertrag 1853 bis Namensgebung 1870
::Deutsches Kaiserreich 1871–1899
::Deutsches Kaiserreich 1900–1918
::Weimarer Republik 1919–1933
::Nationalsozialismus 1933–1945
::Besatzungszeit 1946–1949
::Bundesrepublik 1949–1969
::Bundesrepublik 1970–1984
::Bundesrepublik 1985–1999
::Bundesrepublik 2000–2019
::Bundesrepublik 2020 bis heute
::Weitere Informationen zur Geschichte
Jade-Vertrag 1853 bis Namensgebung 1869
Während der Revolutionswirren der Jahre 1848/49 wurde die deutsche Küste von den relativ kleinen Marinestreitkräften Dänemarks wirkungsvoll blockiert. Diese Blockade bewirkte den Entschluss des Königreiches Preußens, eine eigene Kriegsflotte zu schaffen, um die deutschen Küsten wirkungsvoll zu schützen. An der deutschen Nordseeküste fehlte Preußen jedoch ein geeigneter Hafen, um diese Pläne umzusetzen.Der Vorschlag eines oldenburgischen Geheimrates brachte die Jaderegion als neuen Standort des Kriegshafens ins Spiel. Dieses Gebiet gehörte zur der Zeit zum Gebiet des Großherzogtums Oldenburg. Lange Verhandlungen zwischen Preußen und Oldenburg waren nötig, bis alle Schwierigkeiten zum Erwerb dieses Areals aus dem Weg geräumt waren. Erst am 20. Juli 1853 konnte der Kaufvertrag unterzeichnet werden.
Am 23. November 1854 wurde das Gebiet unter dem Namen "königliches preußisches Jadegebiet" an Prinz Adalbert von Preußen, seines Zeichens Admiral der preußischen Marine, übergeben. Das neu erworbene Gebiet war ca. 313 ha groß und an der Nordwestecke des Jadebusens gelegen.
Die preußische Admiralität
übertrug dem Geheimrat ::Gotthilf
Heinrich Ludwig Hagen die Leitung an den
Planungen für den "ersten deutschen Kriegshafen an der Jade".
Hagen, ein Ingenieur und Fachmann auf dem Gebiet des Wasserbaus, wurde
von seiner Tätigkeit im Preußischen Handelsministerium
beurlaubt und übernahm den Vorsitz der am 8. Juli 1855
gegründeten Hafenbau-Kommission im neuen preußischen
Jadegebiet.
Nachdem ihn die Entwürfe zweier international
bekannter Sachverständiger nicht zufriedenstellten, legte er der
preußischen Admiralität am 29. Mai 1856 einen eigenen
Hafenentwurf vor. Dieser Hafenentwurf war von großer Weitsicht
und Sachverstand geprägt, weil der Entwurf die zunächst noch
geringen Anforderungen der preußischen Admiralität
erfüllte und doch problemlos Platz für später notwendige
Erweiterungen und Ergänzungen berücksichtigte.
Der Hagen'sche
Hafenplan mit Befestigung und Stadtansiedlung für das
"Marine-Etablissement" erhielt am 25. Juni 1856 die Zustimmung und
Genehmigung durch Kabinettsorder König Friedrich Wilhelm IV. von
Preußen. Nach Abschluss der Planungen kehrte er am 12. August
1856 in das Preußische Handelsministerium zurück. Die
Umsetzung des Planes erfolgte im darauffolgenden Jahrzehnt mit
mancherlei Änderungen, die sich aber größtenteils aus
der nicht still stehenden Entwicklung von Hafen- und Schiffbau ergaben.
Der Plan bestimmt noch heute den Grundriss des Stadtkerns.
Der Hagen'sche Plan sah zunächst eine
Einfahrt mit Seeschleuse
(spätere 2. Einfahrt)
vor, in deren Verlängerung ein Hafenkanal mit einem Bauhafen
(heutiges
Marinearsenal) angelegt werden sollte. Dieser sollte zunächst nur
als Ausrüstungs- bzw. Reparaturplatz genutzt werden. Erst
später
dachte man auch an die Errichtung einer Werft zum Bau neuer Schiffe.
Das
Hafenbecken wurde ca. 2 km von der Einfahrt entfernt angelegt, um die
dort
liegenden Schiffe vor den Beschuss feindlicher Schiffsartillerie
zu
schützen.
Die nötigen Ausschachtungsarbeiten für das geplante Vorhaben wurden zu damaligen Zeiten noch mit Spaten und Schubkarren durchgeführt. Die vielen Leute, die unter diesen Bedingungen beim Bau der Hafenanlagen halfen, mussten untergebracht und versorgt werden. So entstand während der mehrjährigen Bauzeit eine kleine Ansiedlung südlich und westlich des Hafens. Diese Ansiedlung dehnte sich während der Jahrzehnte weiter nach Westen und Norden aus.
Die wichtigsten Voraussetzungen für dieses Wachstum waren bessere Verkehrsanbindungen. Die Siedlung wurde an die Chaussee nach Sande angebunden und bereits zum 5. Juni 1867 erfolgte die Eisenbahnanbindung des "Marine-Etablissements" an die Strecke Oldenburg-Bremen.
Erst anlässlich des Besuchs von König Wilhelm I. von Preußen am 17. Juni 1869 zur Grundsteinlegung der Elisabethkirche (heutige Christus- und Garnisonkirche) wurde der Hafen inklusive der anschließenden Siedlung eingeweiht und auf den Namen "Wilhelmshaven" getauft. Der feierliche Akt erfolgte in Anwesenheit der Großerzöge von Oldenburg und Mecklenburg, Prinz Adalbert, Bismarck, Roon und Moltke. Auf dem von Hafenbaudirektor Heinrich Göker erstellten Entwurf zur Taufurkunde hatte die Berliner Ministerialbürokratie die Schreibweise von "Wilhelmshaven" in "Wilhelmshafen" geändert. Göker hatte den Namen nach niederdeutscher Schreibweise mit "v" geschrieben und in Berlin hatte man den vermeintlichen Schreibfehler korrigiert. Göker machte Kriegsminister Roon auf diesen Umstand aufmerksam und dieser wiederum den König, der sich dann für die ursprünglich niederdeutsche Variante mit der Bemerkung entschied: "Ich habe es ja auch gleich so ausgesprochen, lieber Roon!".
Deutsches Kaiserreich 1871–1899
Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 setzt ein Aufschwung ein. Wilhelmshaven wird nach der Kaiser-Proklamierung und Gründung des Deutschen Reiches 1871 Reichskriegshafen. Weitere Kasernenanlagen für die Marine und das erste Marinelazarett entstehen. Westlich der Werft wird der Adalbertplatz mit den Stationsgebäuden und vielen im Potsdamer Stil gehaltenen Wohnhäuser für Offiziere und Beamte der Marinegarnison angelegt. Zwischen diesem Platz und der Garnisonkirche wird eine grüne Parkanlage, der Friedrich-Wilhelm-Platz geschaffen.Weitere Stadteile entstehen, denen man nach dem siegreichen Krieg die Namen von französischen Städten oder Landschaften z.B. Metz, Lothringen, Elsass, Sedan oder Straßburg gibt. Die Werft wird vergrößert und erhält 1876 eine hohe Mauer mit dem heute noch zu sehenden Werfttor I. Am 1. April 1873 erhält Wilhelmshaven die erste Kommunalverfassung und wird damit zur Stadt 2. Klasse, also ohne Polizeirechte, erklärt. Am 2. April 1874 wird der 1. Bürgermeister Johannes Nakczinsky in sein Amt eingeführt.
Auf oldenburgischer Seite wuchsen die Ansiedlungen
Tonndeich und Kopperhörn.
Sie boten jedoch nicht Platz genug. So entstand zwischen 1871 und 1879
im Westen der Stadt Wilhelmshaven an der späteren
Werftstraße
eine weitere Wohnkolonie, Belfort genannt. Gebaut wurde die Siedlung
von dem Oldenburger Ziegeleibesitzer Adolph de Cousser (1814 – 1878). De
Cousser erkannte den Bedarf an Wohnraum für die bei der
Kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven tätigen Arbeiter. Im
preußischen Wilhelmshaven war der Wohnraum knapp und so baute de
Cousser an der Grenze zu Wilhelmshaven auf oldenburgischem Gebiet
einstöckige Doppelhäuser aus Klinker seiner Ziegelei. Die
kostengünstigen Wohnhäuser waren zwar nur ca. 50 m²
groß, hatten jedoch alle einen eigenen kleinen Garten sowie ein
sauberes Umfeld durch gepflasterte Straßen und einer
Entwässerung zum Banter Siel. Der Erfolg blieb nicht aus. Die
Werftarbeiter, viele von ihnen stammten aus den eher dörflich
geprägten preußischen Ostgebieten, zogen die kleinen
Häuser den Wilhelmshavener Mietskasernen eindeutig vor.
Die Preußische Admiralität kaufte 1874/1875
alle
bis dahin erstellten 107 Zweifamilienhäuser- und 9
Vierfamilienhäuser und erteilte de Cousser ab 1874 den Auftrag
für weitere 35 Doppelhäuser; ab 1876 für nochmals 88
Doppelhäuser südlich der Bahnlinie. Die Baukosten pro Wohnung
wurden vertraglich auf 1250 Reichstaler begrenzt. Die so in weniger als
10 Jahren entstandene Siedlung mit ihren rund 500 Wohnungen zählte
schon 1877 über 3400 Einwohner. An de Cousser erinnert heute noch die Adolfstraße.
Am 1. November 1879 wurde hier die selbständige oldenburgische Gemeinde Bant
gegründet. Der
Name geht auf ein durch die Antoniflut 1511 vernichtetes Kirchspiel
zurück.
Die Einwohner dieser Gemeinde waren zu zwei Dritteln Arbeiter der
Marinewerft
oder anderer Marinebetriebe.
Während im Westen die Gemeinde Bant entstand, so wuchs im Norden das alte Dorf Heppens. Hatte es sich bereits mit Neu-Heppens in Richtung der Hafenanlagen ausgedehnt, so verdoppelte sich Heppens nach 1879 mit jedem Jahrzehnt. Tonndeich und Kopperhörn wuchsen mit Neu-Heppens zusammen und in nördlicher Richtung wuchs es entlang der Gökerstraße bis an den Mühlenweg, einem alten Deichverlauf.
Mit der zunehmenden Wichtigkeit des Deutschen
Reiches wuchs auch die
Flotte. In ständig steigenden Umfang wurden die Schiffe im Bereich
der überseeischen Gebiete oder Handelsniederlassungen eingesetzt.
Vielfach liefen die Schiffe zu diesen Reisen von Wilhelmshaven aus.
Bald
reichten die Hafenanlagen nicht mehr aus. Insbesondere reichte die
einzige
Schleuse nicht aus.
1875 wurde mit dem Bau einer weiteren Einfahrt mit
Seeschleuse ( spätere 1. Einfahrt ) begonnen. Gleichzeitig wurden
die Hafenanlagen durch den Bau des Verbindungshafen, des
Ausrüstungshafen
und der Alten Torpedowerft erweitert und mit dem 1880 begonnen
Ems-Jade-Kanal
verbunden. Am 18. November 1886 konnten die erweiterten Hafenanlagen
mit
der Durchschleusung der S.M.S. "Friedrich Karl" in Betrieb genommen
werden.
Zwei Jahre später, am 5. Juni 1888 konnte dann auch die
Fertigstellung
des Ems-Jade-Kanals gefeiert werden.
Deutsches Kaiserreich 1900–1918
Zur Jahrhundertwende bedingte das Flottengesetz von 1900 eine sprunghafte Weiterentwicklung. Für die Stationierung des Geschwaders der von Tirpitz aufgebauten Hochseeflotte wurde es erforderlich, die Werft und den Hafen erheblich zu erweitern. Neben der Anlage des Nordhafens wurde nach dem Bau einer neuen Deichlinie zwischen der 1. Einfahrt und Mariensiel die große Süderweiterung des Hafenareals ( Großer Hafen, Zwischenhafen und Westhafen) durchgeführt. Im Zuge dieser Baumaßnahme entstand die große Doppelkammer-Schleuse der 3. Einfahrt, die in gerader Verlängerung des alten Hafenkanals angelegt wurde. Die Abmessungen der beiden Kammern waren mit 250m x 40m ( bei einer Wassertiefe von 10m bei Niedrigwasser ) so großzügig angelegt, dass durch diese Schleuse auch noch 1939 die neu erbauten Schlachtschiffe "Tirpitz" und "Scharnhorst" geschleust werden konnten.Desweiteren wurde zwischen 1. Einfahrt und 2. Einfahrt ein festes Pontonhaupt, das Hafentor errichtet. Es diente zum Schutze der Häfen für den Fall, dass eine der Schleusen beschädigt oder zerstört werden würde. So konnte niemals der ganze Hafen leerlaufen. In diesem Bauabschnitt um 1907 entstand auch die "Kaiser-Wilhelm-Brücke". Sie war die größte Drehbrücke Europas und führte in 9 m Höhe über den Verbindungshafen.
Auf Oldenburger Seite entstand am 1. November 1902 aus den bisherigen Gemeinden Bant, Heppens und Neuende der Amtsverband Rüstringen. Das Ziel dieser drei Nachbargemeinden Wilhelmshavens war die Vereinigung zu einer gemeinsamen Stadt. Aber es dauerte noch bis zum 1. Mai 1911, bis dieser Wunsch in Erfüllung ging. Zum ersten Bürgermeister der Stadt Rüstringen ernannte man den bisherigen Bürgermeister von Heppens Dr. Lueken. Zu dieser Zeit arbeiteten ca. 8.250 Menschen auf der Kaiserlichen Werft. Die Einwohnerzahl betrug in Wilhelmshaven ca. 19.850 Menschen, in der oldenburgischen Nachbarstadt Rüstringen waren es jedoch schon ca. 46.250 Menschen.
Während des Ersten Weltkrieges war die Doppelstadt Wilhelmshaven-Rüstringen die größte deutsche Garnisonsstadt. Der Seekrieg wurde zum größten Teil in der Nordsee ausgefochten. Dadurch bedingt lag ein Großteil der gesamten deutschen Flotte in Wilhelmshaven oder war auf Schillig-Reede vor Wilhelmshaven stationiert. 1916 erreichte Wilhelmshaven mit einer Einwohnerzahl von ca. 81.900 Menschen einen vorläufigen Höhepunkt. Die kaiserliche Werft beschäftigte zu dieser Zeit ca. 15.000 Menschen.
Weimarer Republik 1919–1933
Nach
dem verlorenen Ersten Weltkrieg musste die deutsche Flotte an die
Alliierten
Mächte übergeben werden. Am 23. November 1918 lief die
deutsche
Flotte nach Scapa Flow aus und wurde dort interniert. 1919 wurden die
Schiffe
von ihren Besatzungen auf Befehl von Vizeadmiral v. Reuter versenkt.
Wilhelmshaven
war damit seine Existenzgrundlage entzogen worden.
Erst ganz langsam
entstand
nach der Gründung der Weimarer Republik wieder eine kleine
Reichsmarine.
Die Größe des Schiffsbestandes und die
Mannschaftsstärke
war durch den Versailler Vertrag auf geringen Niveau festgeschrieben.
Erste
Aufgabe war die Aufstellung von Mienenräumverbänden, die die
zahllosen Minen in der Nordsee räumen sollten. Zur Instandhaltung
dieser Verbände wurden die bestehenden Marinebetriebe einschl. der
Marinewerft in erheblich verkleinertem Umfange weiter betrieben. Die
Marine
war nur noch ein kleiner Wirtschaftsfaktor für Wilhelmshaven.
Es folgten vielfache Bemühungen um neue
wirtschaftliche Grundlagen
für die beiden Jadestädte. Die zwei Bereiche Luftverkehr und
Fremdenverkehr ( Badebetrieb ) wurden mit Erfolg betrieben. Am 25. Juli
1927 wurde der Flugplatz Mariensiel eingeweiht. Danach wurde die
"Luftverkehrsgesellschaft
Wilhelmshaven-Rüstringen" gegründet, die die beiden
Jadestädte
mit dem deutschen Luftverkehrsnetz und den Nordseeinseln verband.
Die Verbindung zu den Inseln mit dem Schiff war ein weiteres Standbein
und zog so alljährlich zigtausende Besucher an. Um den
Fremdenverkehr
weiter zu stärken, schuf die Stadt Wilhelmshaven 1928 am
Südstrand
die Strandanlagen mit den fünf Strandhäusern und baute die
Strandhalle
großzügig um.
Am 11. Oktober 1929 wurde die Einweihung des von Prof. Fritz Höger erbauten Rüstringer Rathaus gefeiert. Dieses markante Klinkergebäude mit dem 49 m hohen Turm war gleichzeitig ein neuer Teil der Rüstringer Trinkwasserversorgung, da sich im Turm ein Wasserbehälter von 920 m³ befand.
Nationalsozialismus 1933–1945
Nach der Machtergreifung im Januar 1933 begannen die Nationalsozialisten systematisch mit der Aufrüstung von Reichswehr und Reichsmarine. Die Wiedererlangung der Wehrhoheit 1935 brachte einen neuen Aufschwung für die Jadestädte. Das im gleichen Jahr unterzeichnete deutsch-britische Flottenabkommen machte es möglich, dass die Marinewerft in Wilhelmshaven in verstärktem Maße Neubauaufträge erhielt. So wurden die beiden Schlachtschiffe "Scharnhorst" (Stapellauf 3.10.1936) sowie die "Tirpitz" (Stapellauf 1.4.1939) auf der Marinewerft in Wilhelmshaven gebaut. Die Verbesserung der Beschäftigung zog neue Arbeiter in die Stadt. Neue Stadtteile wie das Hansa-Viertel oder das Insel-Viertel entstanden.Mit der Planung und dem Bau immer größerer Schlachtschiffe wurde es notwendig, über eine neue Schleusenanlage nachzudenken. Als Areal für die 4. Einfahrt wurde das an den Nordhafen anschließende Gelände ausgewählt. Vor der neuen Schleusenanlage wurde ein großer, breiter Vorhafen mit Liegeplätzen und Versorgungsmöglichkeiten geplant. Die Maße der Doppelschleuse waren mit 350m x 60m ( bei einer Wassertiefe von 16,75m ) einzigartig auf der Welt. Der sich nach innen anschließende Nordhafen wurde erheblich erweitert und auf die Tiefe der Schleusen gebracht. Anfang 1936 wurde mit dem Bau begonnen. Bereits nach sechsjähriger Bauzeit konnte am 7. November 1942 die Ostkammer der 4. Einfahrt ihren Betrieb aufnehmen.
Am 1. April 1937 erfolgte der Zusammenschluss der Städte Wilhelmshaven und Rüstringen auf Grundlage des Groß-Hamburg-Gesetzes vom 26. Januar 1937. Die neue Stadt erhält den Namen Wilhelmshaven. Das Stadtgebiet wird am 14. Juni 1938 durch Eingemeindung von Aldenburg, Fedderwardergroden, Himmelreich, Coldewei, Kniphausersiel, Langewerth, Schaardeich und Steindamm auf 5018 ha vergrößert. Durch die im Zuge des Baus der 4. Einfahrt eingedeichte Fläche des Heppenser Grodens werden weitere 503 ha gewonnen. Im selben Jahr wird Wilhelmshaven mit 100.000 Einwohnern Großstadt. 1940 erreicht Wilhelmshaven mit 133.000 seine höchste Einwohnerzahl.
Kurz nach Beginn des Zweiten Weltkrieges beginnt der Luftkrieg über Wilhelmshaven, der die Stadt in den folgenden Jahren fast völlig zerstört. 102 Luftangriffe werden gezählt. Ganze Stadtviertel werden ausradiert. Die größten Zerstörungen richten die Bombenangriffe im Jahre 1944 an. Auf die Stadt werden 11.045 Sprengbomben und 73.205 Brandbomben abgeworfen. Jedoch werden nur 510 Personen getötet. Dies ist auf die hohe Zahl der Luftschutzeinrichtungen wie Bunker und Luftschutzkeller zurück zu führen. Noch heute bestimmen einige Bunkerruinen das Stadtbild. Bei der Kapitulation der Stadt am 6. Mai 1945 bewohnen noch 54.700 Einwohner die zerstörte Stadt.
1933 lebten in der Stadt rund 190 jüdische Personen. Bis zum Jahr 1938 verließen aufgrund der zunehmenden Entrechtung etwa 100 Juden die Stadt. Die 1914/1915 erbaute Wilhelmshavener Synagoge wurde wie alle anderen Synagogen in Deutschland während der Reichsprogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 von SA-Schergen in Brand gesteckt und am darauf folgenden Tag völlig zerstört. Jüdische Geschäfte wurden geplündert und die männlichen Juden in der damaligen "Jahn-Turnhalle", heute Standort des Küstenmuseums Wilhelmshaven, zusammengetrieben, um von hier aus in die Konzentrationslager deportiert zu werden. Viele von ihnen haben den Faschismus nicht überlebt. Der Synagogenplatz an der Börsenstr./Ecke Parkstraße sowie ein Mahnmal in Form einer massiven Bronzetafel im Küstenmuseum Wilhelmshaven erinnern an die damaligen Gräuel.
In der Zeit des Nationalsozialismus unterhielt das KZ Neuengamme ab September 1944 ein Außenlager am Alten Banter Weg. Die dort überwiegend inhaftierten Franzosen mussten Zwangsarbeit leisten und wurden auf der Kriegsmarinewerft sowie bei der Bombenräumung eingesetzt. Im KZ Wilhelmshaven lebten in vier Baracken bis zu 1.125 Männer auf engstem Raum und unter widrigen Bedingungen; mindestens 234 von ihnen überlebten die menschenverachtenden Umstände nicht. Heute ist ein Teil des ehemaligen Lagergeländes eine KZ-Gedenkstätte. Im April 1945 wurde das KZ Wilhelmshaven durch die SS aufgelöst. Die Häftlinge sollten mit der Eisenbahn Richtung Hamburg-Neuengamme transportiert werden. Auf einer Zwischenstation im Bahnhof Lüneburg starben 256 Männer, als der Zug bei einem alliierten Luftangriff angegriffen wurde. Leiter des Transports war der damals 36-jährige dänische SS-Mann Gustav Alfred Jepsen. Er wurde für die im KZ Wilhelmshaven von ihm verübten Verbrechen 1947 zum Tode verurteilt und im Gefängnis Hameln hingerichtet.
In einem weiteren Lager am sogenannten Schwarzen Weg wurden von 1941 bis 1945 weitere Gefangene interniert. Das Lager, in dem von 1941 bis 1944 zunächst sowjetische Kriegsgefangene eingesperrt waren, diente ab Anfang 1945 der Unterbringung von zivilen niederländischen Zwangsarbeitern, die hauptsächlich aus den niederländischen Nordprovinzen Groningen, Friesland und Drenthe kamen. Die Niederländer wurden beispielweise zur Trümmerbeseitigung oder zum Bunkerbau gezwungen. In den unbeheizten, völlig überbelegten Baracken herrschten katastrophale hygienische Zustände, die zusammen mit den Repressalien der Wachmannschaften zu einer hohen Sterblichkeitsquote führten. Von den schätzungsweise rund 1000 Männern, die das Lager durchliefen, starben bis zu 5 pro Tag. Das Lager wurde erst nach der Besetzung Wilhelmshavens am 6. Mai 1945 durch polnische Truppenteile befreit und aufgelöst. Die Überlebenden wurden kurze Zeit danach durch kanadische Soldaten in die Heimat zurückgebracht.
Besatzungszeit 1946–1949
Zum
Ende des Krieges besetzten starke Heeresverbände der Alliierten,
in
der Hauptsache polnische Soldaten, die Stadt. Dabei konnte ein Kampf um
die Stadt verhindert werden. Die Zerstörungen des Stadtgebietes
waren
äußerst schwer, jedoch waren der Hafen und die 4 Schleusen
intakt.
Die Marinewerft war zu 60-70% arbeitsfähig. Ab Mai 1945 wurden die verbliebenen deutschen
Kriegsschiffe aller Art in Wilhelmshaven
gesammelt
und durch die Werft im alliierten Auftrag wieder instandgesetzt oder
-gehalten.
Im Dezember 1945 teilen die Alliierten die Schiffe unter sich auf und
ab
Januar 1946 verließen die Schiffe nach und nach den Hafen. Am 5.
Januar 1946 gab der britische "Naval Officer in Charge" (NOIC) bekannt,
dass auf Anordnung der britischen Regierung die gesamten
Hafenanlage
einschließlich der Schleusen und der Marinewerft zerstört
werden
sollten.
Der zunächst einfache Plan der Briten sah vor, die
Schleusen
zu zerstören und ganz Wilhelmshaven zu fluten. Erst nach
zähen
Verhandlungen ließen sich die Briten umstimmen. Stattdessen wurde
durch die 2., 3. und 4. Einfahrt ein Deich gezogen. Anschließend
wurden die Schleusen gesprengt. Die 1. Einfahrt blieb zum
Entwässern
des Ems-Jade-Kanals intakt.
Weiterhin wurden die Hafenbecken durch
mehrere
Dämme unterteilt. Ein Damm trennte bei der Banter Ruine den
Westhafen
vom Großen Hafen (er besteht als Grodendamm übrigens heute noch). Ein
weiterer
Damm in Höhe der heutigen Jachmann-Brücke trennte den Bauhafen
vom übrigen Hafen ab und der Nordhafen wurde durch einen Damm am
neuen
Hafentor zum Binnensee gemacht. Die Werftanlagen und alle Einrichtungen
wurden demontiert und in die Sowjetunion Richtung Murmansk verschifft.
Anschließend begann die Sprengung von Gebäuden, Docks und
Hellinge.
Die Sprengungen dauerten bis in das Jahr 1949 und setzten mit ihren
starken
Erschütterungen den übriggebliebenen Gebäuden zu.
Während die Hafenanlagen demontiert und gesprengt wurden, beseitigte man in der Stadt die Trümmer und leitet so den Wiederaufbau ein. Es gibt hoffnungsvolle Ansätze von Industrieansiedlungen. Die Olympia-Schreibmaschinenwerke aus Erfurt nehmen in Roffhausen vor den Toren Wilhelmshavens die Produktion auf. Aus Eberswalde ziehen die Ardeltwerke in die Stadt. Aus ihnen entsteht die Kranbaufirma Krupp-Ardelt. Weitere Betriebe aus ehemaligen ost- und mitteldeutschen Gebieten zieht es nach Wilhelmshaven. Auch der Fremdenverkehr läuft mit der Wiedereröffnung des Südstrandes am 16. Juni 1946 in sehr bescheidenen Maßen wieder an.
Im Oktober 1946 wird Wilhelmshaven zusammen mit dem Land Oldenburg in das Land Niedersachsen eingegliedert. Am 12. Dezember 1947 beschließt der neue niedersächsische Landtag die Errichtung der Hochschule für Arbeit, Politik und Wirtschaft. Sie findet im Ortsteil Rüstersiel ihren Platz. Auch die Pädagogische Hochschule für Gewerbelehrer und die Pädagogische Hochschule für landwirtschaftliche Lehrer werden in Wilhelmshaven heimisch. Leider jedoch nur für eine begrenzte Zeit, denn ab den frühen 1960er Jahren verlassen die Hochschulen nacheinander die Stadt. Am 1. April 1961 wird die Pädagogische Hochschule für Gewerbelehrer nach Hannover verlegt. Ihr folgt genau ein Jahr später die Eingliederung der Hochschule in Rüstersiel in die Landesuniversität Göttingen und als letzte verlässt 1969 die Hochschule für landwirtschaftliche Lehrer Wilhelmshaven. Als Trost verbleiben die Wirtschaftsfachschule (ab 1968 Akademie für Betriebswirte ) und die 1963 eröffnete Staatliche Akademie für Ingenieure. Beide werden 1971 zur Fachhochschule Wilhelmshaven vereinigt. In einem neuerstellten Gebäude an der Friedrich-Paffrath-Straße werden die Studienrichtungen Elektrotechnik, Maschinenbau, Feinwerktechnik, Wirtschaft und Wirtschaftingenieurwesen angeboten.
1948 zählt Wilhelmshaven wieder 100.000 Einwohner.
Bundesrepublik 1949–1969
Am
20. Juli 1953 wird mit vielen Veranstaltungen der 100. Wiederverkehr der Unterzeichnung des
Jadevertrages gedacht.
Ab 1955 hat auch Wilhelmshaven seinen Anteil am deutschen Wirtschaftswunder.
Ein merkbarer wirtschaftlicher Aufschwung setzt ein. Die beschäftigungsintensivsten Betriebe
sind in den 1950er Jahren die Olympia-Werke (Schreib- und Rechenmaschinen), die
Kammgarnspinnerei und Weberei AG Wilhelmshaven, die Ardeltwerke (Kranbau), der Nordwestdeutsche
Fahrzeugbau (Omnibusse und Automobile), die BAWI-Bekleidungswerke (Textilindustrie) sowie die
Streichgarnspinnerei Freymark, Büch & Co.
Auch die ::Achilles-Werke in Wilhelmshaven-Langewerth waren mit
der Produktion von Fahrrädern, Mopeds und Motorrollern ein wichtiger Betrieb der
Wirtschaftswunderzeiten der 1950er Jahre.
Und auch die Marine tritt wieder in Erscheinung. Nach der Unterzeichnung der Pariser
Verträge im Sommer 1954 stellt die Bundesrepublik Deutschland wieder eigene Truppen
auf. In Wilhelmshaven wird in der Kaserne Ebkeriege die 1. Kompanie der Schiffsstammabteilung
der neuen Bundesmarine aufgestellt. Am 6. Juni 1956 treffen die ersten Schiffe der neuen
Bundesmarine in Wilhelmshaven ein. Wilhelmshaven ist wieder Heimathafen mehrerer Geschwader von
Schnellbooten, Minensuchbooten, Zerstörern und Fregatten.
Ende 1956 wird ein neues Kapitel aufgeschlagen. Mehrere deutsche und ausländische Ölgesellschaften gründen am 15. November 1956 die ::Nordwest Ölleitung GmbH (NWO) mit Sitz in Wilhelmshaven. Die NWO entwickelt den Plan zum Bau einer Erdölumschlagsanlage und einer 390 km langen Pipeline von Wilhelmshaven nach Köln-Wesseling, um mehrere Raffinerien im rheinisch-westfälischen Ruhrgebiet zu versorgen. Die Umschlagsanlage wird im Heppenser Groden errichtet und besteht aus der Tankerlöschbrücke am tiefen Jadefahrwasser sowie dem riesigen Tanklager hinter dem Verwaltungsgebäude der NWO direkt am Deich. Bereits am 29. November 1958 können die ersten Tanker ( "Esso Frankfurt" - 26.650t und "British Energy" - 35.340t ) den neuen Ölhafen Wilhelmshaven anlaufen und ihre Rohöl-Ladungen löschen. Ab dann machen jährlich ca. 500 Schiffe an der Tankerlöschbrücke fest. 1960 werden bereits über 10 Millionen t Öl angelandet. Die Bundesrepublik fördert die Entwicklung und vertieft das Jadefahrwasser kontinuierlich. Somit entsteht der "einzige Tiefwasserhafen Deutschlands", der auch heute noch das wichtigste wirtschaftliche Standbein der Stadt ist.
Nachdem die Schiffe der neuen Bundesmarine wieder Leben in den inneren Häfen gebracht hatten, stellte sich die Frage nach einer neuen Schleuse. Die einzig noch existierende Schleuse der 1. Einfahrt war 1886 gebaut worden und war schon lange nicht mehr den Erfordernissen gewachsen. Den Überlegungen zum Neubau einer 5. Einfahrt gab man eine Absage zugunsten des Wiederaufbau der 4. Einfahrt. Die verbliebenen Bauteile waren trotz der Sprengung der Schleusenhäupter noch in beträchtlichen Maßen verwendbar. Im Herbst 1959 beginnt der Wiederaufbau. Gleichzeitig wird mit dem Bau eines 93 ha großen Vorhafen begonnen. Dieser bietet dem daran anschließenden neuen Marinestützpunkt ca. 3800 m Liegeflächen an den Kajen und den zusätzlichen Liegebrücken. Der Wiederaufbau der Schleuse, "Jadeschleuse" genannt, wird am 3. Oktober 1964 abgeschlossen. Am 1. März 1965 erfolgt die Inbetriebnahme der Schleusen. Die Schleuse der 1. Einfahrt wird daraufhin geschlossen und später mit einem Betonriegel verschlossen.
Neben den neuen Hafenanlagen entsteht aus kleinen Anfängen auf dem Gelände der ehemaligen kaiserlichen Werft rund um den Bauhafen das ::Marinearsenal, ein hochtechnischer Betrieb zur Instandhaltung der schwimmenden Marineeinheiten und ihrer technischen Ausrüstung. Das Marinearsenal ist dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung unterstellt und ist seit seiner Einrichtung 1957 einer der größten Arbeitgeber der Stadt Wilhelmshaven.
Bundesrepublik 1970–1984
Weitere Unternehmen wurden am seeschifftiefen Fahrwasser der Jade angesiedelt. Im April 1970 gab das Schweizer Unternehmen Aluminium AG "Alusuisse" die Gründung einer deutschen Tochtergesellschaft mit dem Namen Alusuisse Atlantik GmbH in Wilhelmshaven bekannt. In den darauffolgenden Jahren entstand ein Werk zur Chloralkali-Elektrolyse im Rüstersieler Groden (Inbetriebnahme 1972). Die mit der Ansiedlung des Chemiewerkes geplanten Erweiterungen führten dazu, dass die niedersächsische Regierung weitere Projekte anschob. Hierzu gehörten der Bau eines Massengutumschlagspier (Niedersachsenbrücke) nördlich vom Rüstersieler Groden sowie Vorbereitungen zur Landgewinnung von weiteren 1600 ha im Voslapper Watt nördlich des Rüstersieler Groden. Die Aufspülung und Eindeichung dauerte von April 1971 bis Dezember 1974.
Auf diesem neu aufgespülten Voslapper Groden wurde ein weiteres Unternehmen aus dem Bereich der Mineralölwirtschaft angesiedelt. Die Mobil Oil AG errichtete in nur 2 Jahren Bauzeit eine moderne Mineralölraffinerie. Mit der Mobil-Oil-Brücke entstand nach der NWO Tankerlöschbrücke und der Niedersachsenbrücke die dritte Schiffsumschlagsbrücke in der Jade. Am 14. September 1976 wurde die größte neu erbaute Raffinerie der Bundesrepublik in Betrieb genommen.
Parallel entstand bis 1976 das 720 MW- Kohlekraftwerk auf dem Rüstersieler Groden. Eingeweiht wurde das von den Nordwestdeutschen Kraftwerke AG (NWK) für 520 Mio. DM gebaute Kraftwerk am 22. Oktober 1976. Ein Viertel der Kosten des nicht unumstrittenen Kraftwerkes flossen in den Schutz der Umwelt.
Als letztes Großprojekt am tiefen Jadefahrwasser entsteht ab 1977 auf einem 320 ha großen Areal im neuaufgespülten Voslapper Groden ein Chemiewerk der ICI (Imperial Chemical Industries Ltd). Mit dem ICI-Werk entsteht auch die 4. Schiffslöschbrücke mit Anleger in der Außenjade. Nach einer Bauzeit von ca. 4 Jahren nimmt das ICI-Werk 1981 den Betrieb auf. Produziert werden Vinylchloridmonomer (VCM) und Polyvinylchlorid (PVC). Ausgangsrohstoff ist das Chlor, welches von der ICI-Atlantik (ehemals Alusuisse) auf dem Rüstersieler Groden produziert wird und durch eine 12 km lange Rohrleitung zum ICI-Werk auf dem Voslapper Groden transportiert wird.
Zeitversetzt zur seewärtigen Hafenausrichtung erfolgte mit dem "Hafenauseinandersetzungsvertrag" vom 20 März 1975 die Übertragung der bis dahin in Bundesbesitz befindlichen Hafeneinrichtungen und -flächen auf die Stadt Wilhelmshaven und das Land Niedersachsen. 180,5 ha Wasser- und 149 ha Landflächen gingen in den Eigentum der Stadt Wilhelmshaven, das Land Niedersachsen erhielt 49,5 ha Wasser- und 114 ha Landflächen. Jedoch gingen noch Jahre ins Land ehe die Entwicklung des Binnenhafen gezielter gefördert wurde. So konnte man sich z.B. in den Jahren zwischen 1978 und 1983 politisch nicht auf einen seeschifftiefen Wasseranschluss für die Firma Krupp-Kranbau einigen, da die damit verbundenen Öffnung des Grodendammes zwischen den Parteien eine tiefe Kontroverse auslöste. Letztendlich bliebt der Grodendamm bestehen.
Infrastrukurmäßig wurde die Anbindung Wilhelmshaven an das Hinterland durch die Herstellung des letzten Teilabschnittes der A29 - Jadelinie - verbessert. Ab 17. April 1984 wurde das letzte rund 18,3 km lange Teilstück von Zetel nach Wilhelmshaven freigegeben. 16 Jahre hatte es gedauert, die 91,7 km lange und 680 Mio. DM teure Anbindung an die A1 - Hansalinie - bei Ahlhorn fertigzustellen.
Wilhelmshavens positive Entwicklung zum einzigen deutschen Tiefwasserhafen und die damit
verbundene industrielle Besiedlung der seewärtigen neu entstandenen Grodenflächen (NWO
im Heppenser Groden, Kraftwerk und ICI Atlantik im Rüstersieler Groden sowie die Mobil Oil
Raffinerie und ICI im Voslapper Groden) endete bedingt durch die gesamtwirtschaftliche
Entwicklung in den frühen 90er Jahren. Ein geringerer Energiebedarf, ausgelöst durch
die Ölpreiskrise von 1979, führte zu einem drastischen Rückgang beim Verbrauch
von Mineralöl und -produkten. Der Ölumschlag bei der NWO ging dramatisch zurück
und die Mobil Oil Raffinerie legte 1984 zwei wirtschaftsbedingte Zwangspausen von mehreren
Wochen ein. Zum 1. April 1985 wurde die Raffinerie aufgrund der mit ihr verbundenen hohen
Verluste stillgelegt und "eingemottet".
Im Baugewerbe ging die Auftragslage nach den "fetten" Jahre der Ansiedlung von
Großindustrieunternehmen rapide zurück. Der damit verbundene Rückgang des
städtischen Steueraufkommens traf die Stadt Wilhelmshaven (immerhin der
zweitgrößte Arbeitgeber nach der Marine) hart, man verhängte Einstellungsstopps
und Wiederbesetzungssperren. Investitionen mussten immer häufiger gestreckt oder ganz
eingestellt werden. Da auch der Bund den städtischen Kommunen immer mehr Zusatzleistungen
übertrug, geriet der Haushalt immer mehr in Schieflage. Die Wiedervereinigung Deutschland
und die damit verbundenen Lasten der Kommunen trugen ihren Teil bei. Die Verschuldung des
städtischen Haushalt erreichte 1995 die 294 Mio. DM Grenze und veranlasste die
Kommunalaufsicht der Bezirksregierung Weser-Ems zum Eingreifen.
Parallel verlief die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt weiterhin negativ. Der hohe Rückgang
der Arbeitsplätze traf in erster Linie die Beschäftigten der Betriebe der Metall- und
Textilindustrie, die sich in Wilhelmshaven in der Nachkriegszeit neu angesiedelt hatten.
Zahllose Firmen mussten schließen oder ihre Belegschaften drastisch reduzieren. Betroffen waren
Firmen wie die Maschinenfabrik Schlafhorst & Co., die Kammgarnspinnerei Wilhelmshaven AG
(KSW), die Kammgarnspinnerei Müller&Raschig KG, die Maschinenbaufirma Helmut Lotze, die
Firma Präzisionsmechanik und Maschinenbau Franz Kuhlmann, die Firma Kocks Krane GmbH, die
Firma Förderanlagen und Maschinenbau GmbH (FMW) und die AEG Olympia
GmbH.
Gerade die letztgenannte Firma ist symptomatisch für den Niedergang der wirtschaftlichen Region Wilhelmshaven/Friesland. Das vor den Toren der Stadt in Roffhausen ansässige Schreibmaschinenwerk hatte bis 1970 einen kontinuierlichen Anstieg der Beschäftigungszahlen zu verzeichnen. Bis zu 10.000 Menschen beschäftigte das Werk. Mit der Entwicklung des Personalcomputer, der die Schreibmaschine als Textverarbeitungssystem immer stärker verdrängte, begann der Niedergang des bis dahin größten Industrieunternehmens der Region. Die Verluste des Unternehmens stiegen und die Beschäftigungszahlen sanken. 1986 wurde die im Besitz der AEG befindlichen Olympia Werke dem Daimler-Benz-Konzern einverleibt. Trotz einer Bestandsgarantie durch den AEG-Vorstand Heinz Dürr verliefen alle Versuche im Sande, das Unternehmen Olympia auf wirtschaftlich gesunde Füße zu stellen. Im Mai 1991 wurde erstmals die Möglichkeit einer Schließung erwogen. Die verbliebenen 2600 Beschäftigten initiierten daraufhin zahlreiche regionale und überregionale Protestaktionen, die in ganz Deutschland große Aufmerksamkeit erregten. Trotzdem wurde am 31. Dezember 1992 der stufenweise Ausstieg des DaimlerBenzKonzern auf der Büromaschinenproduktion beschlossen. Für viele Beschäftige wurden sozialverträgliche Lösungen gefunden oder sie fanden in einer der Nachfolgefirmen auf dem ehemaligen Olympia-Gelände Beschäftigung, welches als Technologie Centrum Nordwest (TCN) bekannt wird. Bis zum Jahre 2001 werden im TCN Unternehmen angesiedelt, die ca. 3000 Menschen Arbeitsplätze bieten, in erster Linie Arbeitsplätze in der Telekommunikationsbranche.
Bundesrepublik 1985–1999
Die fehlgeschlagene Wirtschaftspolitik der Stadt Wilhelmshaven, die sich seit 1970 schwerpunktmäßig nur auf die Großindustrieansiedlungen am tiefen Jadefahrwasser konzentrierte, leitet ab 1985 (ausgelöst durch die Schließung der Mobil-Oil-Raffinerie) ein Umdenken in der Wirtschaftsförderung der Stadt ein. Ziel war der Ausbau der lokaler Strukturen und die Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft. Im Mittelpunkt standen die Weiterentwicklung der Binnenhafenaktivitäten, die Förderung von mittelständischen Industrie- und Handwerksbetrieben, der Ausbau der Freizeitwirtschaft und die Stärkung des Forschungsstandortes Wilhelmshaven. Erste Erfolge gelangen schon 1985, als die Stadt in das Städtebauförderungsprogramm des Landes aufgenommen wurde. Mit Hilfe dieses Programmes wurde die Innenstadtsanierung im Citybereich in Angriff genommen. Das Sanierungsgebiet wurde im Norden von der Peterstr., im Westen von der Werftstr., im Osten von der Virchowstr. und im Süden vom Bahnhofsgelände begrenzt. Die Sanierung beinhaltete mehrere Schwerpunkte. Zum einen die Umgestaltung des Börsenplatzes mit der Schließung von Baulücken und die Ausweitung und Modernisierung der Fußgängerzone. So wurde der neue Börsenplatz und die Kieler Str. südlich der Börsenstr. in die neue Fußgängerzone einbezogen. Desweiteren wurden die südlichen Teile der Park-, Grenz- und Mozartstr. in die Fußgängerzone der Marktstr. integriert.
Daran schlossen sich in den folgenden Jahren
weitere Baumaßnahmen im
Citybereich an. Höhepunkt war dabei wohl die Errichtung der
Nordseepassage
(Arbeitstitel Bahnhofszentrum). Mit der Nordseepassage wurde ein
wirkliches
Zentrum in Wilhelmshaven geschaffen. Auf einer
Gesamtnutzungsfläche
von über 33.800 m² lädt das am 4. September 1997
eröffnete
Einkaufscenter auf zwei Ebenen mit einem Branchenmix von mehr als 60
Einzelhandelsgeschäften,
Cafés und Galerien zum Bummeln und Shopping unter einer
schützenden
Dachverglasung ein. Mit seiner Lage direkt im Zentrum von Wilhelmshaven
und seiner idealen Verkehrsanbindung (die Gleise der deutschen
Bundesbahn
laufen direkt in das Gebäude der Nordseepassage und auf der
gegenüber
liegenden Seite ist der Busbahnhof der Stadt beheimatet) kann stressige
Parkplatzsuche
im Stadtkern angenehmerweise umgangen werden. Für diejenigen
Besucher,
die trotzdem nicht auf das Auto verzichten können oder wollen,
hält
die Nordseepassage auch ein eigenes Parkhaus bereit, welches von der
Nord-
bzw. Südseite des Gebäudes angefahren werden kann.
Weiter wurde der Innenstadtbereich mit der Neugestaltung des
Valoisplatzes
an der Südseite der Nordseepassage, dem neuen Verwaltungs- und
Bürogebäude
der Techniker Krankenkasse und dem an die Nordseepassage
anschließenden
"Kinopolis"-Gebäude aufgewertet. Das "Kinopolis"-Gebäude
bietet
Kinos für ca. 1800 Personen, eine Diskothek sowie Räume
für
ein Fitness-Zentrum. Die Bahnhofsstraße wurde während dieser
Baumaßnahmen parallel zu den Bahngleisen bis zur Werftstr.
durch gebaut.
Die Sparkasse setzt mit Ihrer neuen Sparkassenzentrale am Theaterplatz
einen weiteren Akzent. Zwischen Mai 1998 und Mai 2000 wurde das alte
Hauptstellengebäude
der Sparkasse weitestgehend entkernt und dann grundlegend um- und
ausgebaut.
Einher geht dabei die Umgestaltung des Theaterplatz vom tristen
Parkplatz
zum einem städtischen Schmuckstück.
Zur Verbesserung des Stadtbildes trugen auch die verschiedenen Bauvorhaben von Landes- und Bundesbehörden bei. Zu nennen sind das Arbeitsgericht in der Zedeliusstraße (1985), die Künstlersozialkasse im Gebäude des ehemaligen Marine-Observatoriums an der Langeoogstraße (1983), das niedersächsische Hafenamt an der Weser-/Ecke Neckarstraße (1985), das Amtsgericht in der Marktstraße (1985), das Arbeitsamt in der Schillerstraße (1996) und die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung (BAFU) im ehemaligen Gebäude des Marinelazaretts in der Rheinstraße (2000). Sie alle setzten mit ihren Bauvorhaben städtepolitische Akzente.
Durch die Neugestaltung des ursprünglich 1928 eingeweihten Südstrandes entstand die "Schokoladenseite" der Stadt. 1980 wurde hinter den Strandhäusern der Neubau der Südstrandstraße durchgeführt, so dass die Südstrandpromenade, die bisher für den Autoverkehr freigegeben war, zur Fußgängerzone wurde. Ab 1983 wurden am Jade-Busen schrittweise Deicherhöhungsmaßnahmen vorgenommen. Im Zuge dieser Baumaßnahmen erarbeiteten die Stadt Wilhelmshaven und das Wasserwirtschaftsamt Brake einen gemeinsamen Plan zur Neugestaltung der Südstrandpromenade. Der Deich wurde verstärkt und man errichte auf der Deichkrone im Südstrandbereich eine 650 m lange und 1 m hohe verkleinerte Mauer. Zeitgleich erfolgte eine Sanierung der Strandhäuser und der Kolonnaden. Die Promenade wurde komplett neu gepflastert und durch eine Vielzahl gestalterische Elemente wie Plätze, Terrassen sowie 2 kleiner Häuschen mit Kupferdächern verschönert. Für die Umgestaltung erhielt die Stadt Wilhelmshaven 1986 eine Auszeichnung für naturnahes Bauen. Die Südstrandpromenade ist seither beliebtes Ausflugsziel nicht nur bei schönem Sonnenwetter. Hotels und Gaststätten laden mit ihren Terrassen und Biergärten zum Verweilen ein.
Bundesrepublik 2000–2019
Zum Jahrtausendwechsel wehte ein Hauch von Weltausstellung durch Wilhelmshaven. Im Rahmen der
Weltausstellung
::Expo 2000 in Hannover wurde Wilhelmshaven mit seinem Konzept "Expo am
Meer" offizieller Außenstandort der Expo 2000. Passend zum Leitthema der
Expo 2000 "Mensch-Natur-Technik" präsentierte die "Expo am Meer" vom 1.
Juni 2000 bis zum 31. Oktober 2000 ein vielfältiges Ausstellungsprogramm mit den
Themenbereichen Umwelt, Leben an der Küste, Klimawandel, Seefahrt und Technik sowie
Kommunikation und Arbeit. Das Programm wurde mit Hilfe
unterschiedlicher Ausstellungen, Veranstaltungen und Projekte
umgesetzt.
Highlight der "Expo am Meer" war die
virtuelle Unterwasserstation "Oceanis". Die Sparkasse Wilhelmshaven
holte die bereits auf der
::Expo1998
in Portugal mit
großem Erfolg
gezeigte Ausstellung nach Wilhelmshaven und gründete für den
Betrieb extra die Oceanis AG, eine 100%ige Tochterfirma der Sparkasse.
Der Erfolg von Oceanis blieb auch in Wilhelmshaven nicht aus. Mit knapp
300.000 Besuchern war die Unterwasserstation am Bontekai die mit
Abstand erfolgreichste Ausstellung während der "Expo am Meer".
Weitere Dauerausstellungen wurden in den renovierten Räumlichkeiten
der ehemaligen Jahn-Halle (heute Sitz des Küstenmuseums am Bontekai)
und in der Ebertstr. gegenüber der Nordseepassage gezeigt.
Zahlreiche Einrichtungen und Firmen beteiligten sich ebenfalls
an der "Expo am Meer", so wurde z.B. im
Wattenmeerhaus mit Hilfe von Sponsoren ein Sturmerlebnisraum
eingerichtet. Mit dem
"Außerschulischen Lernort Wilhelmshaven" wurde ein Modellversuch
gestartet, der
es Kindern, Jugendlichen und
Lehrern ermöglicht, sich außerhalb der Schule
handlungsorientiert mit
naturwissenschaftlichen und technischen Fragestellungen
auseinanderzusetzen. Maritime Veranstaltungshöhepunkte zur "Expo
am Meer" waren das
alljährliche "Wochenende an der Jade" und die vom 6.
September bis 10. September 2000 stattfindende "Sail & Steam",
ein ungewöhnliches Aufeinandertreffen von
Traditionssegelschiffen und
Dampfschiff-Oldtimern. Die Expo am Meer brachte der Stadt einerseits einen hohen
Imagegewinn bei überregionaler Beachtung, anderseits
hinterließ sie ein finanzielles Debakel, insbesondere weil
die anvisierten Besucherzahlen bei weitem nicht erreicht
wurden. Insbesondere die städtische Tochtergesellschaft
"Wilhelmshavener Tourismus und Freizeit GmbH" (WTF) litt
noch jahrelang an den "Expo am Meer" - Nachwehen.
Zum 100. Geburtstag der ::Kaiser-Wilhelm-Brücke im Jahr 2007 stand das ::Wochenende an der Jade ganz im Zeichen des Brückenjubiläums. Die Deutsche Post veröffentlichte eigens zu diesem Anlass eine ::Sonderbriefmarke mit dem Wert 1,45 EUR. Nach dem Jubiläum sollte das Technikdenkmal umfassend saniert werden. Aufgrund von Verzögerungen erfolgte der Beginn der Sanierung jedoch erst im Jahr 2010.
Am 29. Mai 2008 startete Niedersachsens Wirtschaftsminister Hirche offiziell den Bau des
::JadeWeserPorts in Wilhelmshaven.
Das Gemeinschaftsprojekt der Bundesländer Niedersachen und Bremen nutzt den einzigen deutschen
Tiefwasserhafen an der Nordsee für ein neues Containerterminal. Der Bau des JadeWeserPorts war
in den ersten Jahren zunächst von Verzögerungen und Problemen geprägt. So hatte die
Auftragsvergabe ein langes juristisches Nachspiel. Anfang 2012 wurden Risse in der
Stahlkonstruktion der Kajenwand in Form so genannter Schlosssprengungen öffentlich bekannt.
Diese Bauschäden und deren teure Reparaturarbeiten
verzögerten die Eröffnung. Erst im Juli 2012 wurde die Sanierung der ersten 1000 m Kajenlänge
abgeschlossen und der Betreiber ::Eurogate konnte
dort mit dem vollen Probebetrieb beginnen. Die offiziellen Betriebsaufnahme des JadeWeserPorts
erfolgte am 21. September 2012 mit dem Anlegen des Containerschiffs "Maersk Laguna".
In den ersten Jahren nach der Eröffnung des Terminals waren die Umschlagszahlen noch
vergleichsweise niedrig, da sich die Logistikketten erst auf den neuen Hafen einstellen mussten.
Seit 2015 haben sich die Umschlagszahlen jedoch deutlich gesteigert. Im Jahr 2018 wurden im
JadeWeserPort insgesamt 655.790 Standardcontainer (TEU) umgeschlagen. Im Jahr 2020 musste der
Hafen aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie einen Rückgang der Umschlagszahlen
verzeichnen. 2022 verzeichnete das CTW in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres mit
485.000 TEU als einziger deutscher Containerhafen deutliche Ladungsgewinne. An den nach Umschlag
deutlich wichtigeren Standorten Hamburg (rund 1,7 Millionen TEU) und Bremerhaven (rund 3,8
Millionen TEU) schrumpften die Ladungsmengen um 4,6 Prozent sowie 9,5 Prozent. Inzwischen gibt
es zahlreiche regelmäßige ::Containerlinien, die
den Hafen ansteuern und ihn mit den wichtigsten Wirtschaftsregionen Asiens und Europas
verbinden. Außerdem wird der JadeWeserPort immer stärker von Reedereien genutzt, die aufgrund
der Größe ihrer Schiffe nur in Tiefwasserhäfen wie Wilhelmshaven anlegen können. Es wird
erwartet, dass der JadeWeserPort in Zukunft eine wichtige Rolle im Welthandel spielen wird.
Seit Ende Juni 2009 ist das ::Wattenmeer vor der deutschen-niederländischen Nordseeküste ::Weltnaturerbe der UNESCO. Die bisher unter der Bezeichnung Wattenmeerhaus bekannte Einrichtung am Wilhelmshavener Südstrand wurde daher von Dezember 2010 bis August 2011 umgebaut und am 5. September 2011 durch den niedersächsischen Umweltminister Sander offiziell zum "UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer Besucherzentrum" ernannt. Zusammen mit dem Besucherzentrum in Cuxhaven informiert die Einrichtung über das Weltnaturerbe Wattenmeer und seine Tier- und Pflanzenwelt.
Ab dem 23. September 2010 wurde die ::Kaiser-Wilhelm-Brücke zur Sanierung gesperrt. Die Sanierungsarbeiten sollten ursprünglich zwei Jahre dauern, aufgrund von weiteren Verzögerungen wurden es dann aber sogar drei Jahre. Ausschlaggebend für diese lange Sanierungszeit war das Verfahren, die Drehflügel der Brücke einzeln zu sanieren. Zuerst wurde der Nordflügel eingerüstet und hergerichtet, anschl. der Südflügel. Erst im September 2013 wurde die Brücke offiziell wieder für den Kraftfahrzeugverkehr freigegeben. Fußgänger und Radfahrer konnten die Brücke bereits nach rund zwei Jahren wieder nutzen. Eine Feier zum Abschluss der Sanierung fand nicht statt. Während der Sanierungsarbeiten wurde nicht nur die eigentliche Brücke stahlbautechnisch instandgesetzt und die Fahrbahnen erneuert, auch das Umfeld der Brücke wurde verbessert. So wurden die vier Brückenhäuser komplett saniert und eine neue, breite Treppenanlage als Zugang zum Nordflügel gebaut. Ein neues Beleuchtungskonzept hebt die Brücke als Wahrzeichen der Stadt hervor.
Mit der Neuausrichtung der Bundeswehr ab 2010 wird Wilhelmshaven größter Standort der ::Deutschen Marine und ist seit Umsetzung des ::Stationierungskonzepts 2011 der Bundeswehr der größte Standort der Bundeswehr. Die umfassendste Reform der Bundeswehr seit ihrem Bestehen wurde durch den damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière ihrer Grobstruktur am 20. September 2011 erlassen. Das Stationierungskonzept 2011 vom 26. Oktober 2011 ist ein Umsetzungskonzept, in dem festgelegt wurde, wo und in welchem Umfang die Bundeswehr in Deutschland künftig Standorte mit wie vielen Dienstposten unterhalten wird. Der Standort Wilhelmshaven hatte bei Veröffentlichung des Konzepts 7.780 Dienstposten, die auf 8.570 Dienstposten erweitert wurden. Der Standort ist Heimat von zahlreichen Marineeinheiten und Einrichtungen, wie zum Beispiel dem 2. und 4. Fregattengeschwader, der Einsatzflottille 2, dem Kommando Marine-Führungssysteme, dem Marinearsenal, dem Logistikzentrum der Bundeswehr, dem Karrierecenter der Bundeswehr sowie weiterer Dienststellen.
Ende 2012 begannen die Vorbereitungen für die Verlegung einer neuen Druckrohrleitung vom
Pumpwerk Süd zur Zentralkläranlage im Osten der Stadt. Mit dem Bau der rund 5,7 Kilometer langen
Abwasserdruckleitung, die einen Durchmesser von 1,20 Meter hat, wurde ein dringendes Problem der
::Wilhelmshavener
Abwasserentsorgung gelöst. Bereits 2006 war bekannt geworden, dass es bei
Starkregenvorfällen immer wieder zu einer Einleitung von Mischwasser aus Fäkalien und
Regenwasser über die Einleitstelle Banter Siel in den Jadebusen kommt. Eine Bürgerinitiative
sorgte dann dafür, dass diese Praxis bekannt wurde. Ursache ist das veraltete städtische
Abwassersystem, dass bei stärkeren Regenfällen derart überlastet ist, dass große Mengen
ungeklärten Abwassers in die Jade abgepumpt werden müssen. Wilhelmshaven geriet mit diesem
unerfreulichen "Problem" deutschlandweit in die Schlagzeilen diverser Medien. Zunächst
versuchten Rat und Verwaltung der Stadt das Problem herunterzuspielen, jedoch musste auf
öffentlichen Druck z.B. während der Badesaison am Südstrand ein Badeverbot ausgesprochen werden,
wenn eine Mischwassereinleitung erfolgte.
Die Starkregenereignisse nahmen in den folgenden Jahren zu. Ein Forschungsprojekt des
Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und des Deutschen Wetterdienstes
(DWD) stellte nachträglich fest, dass die Stadt Wilhelmshaven zu den fünf Kommunen in
Niedersachsen gehörte, die am stärksten von Starkregen betroffen waren. Eine große Mehrheit im
Rat beschloss daher im Jahr 2011 einen Drei-Punkte-Plan (Feinsieb für die Einleitungsstelle,
optimierte Pumpensteuerung und die oben beschriebene Druckrohrleitung für insgesamt rund 13
Millionen EUR) zur Lösung des Abwasserentsorgungsproblems. Zusätzlich wurden an verschiedenen
Stellen im Stadtgebiet Regenrückhaltebecken als wichtige entwässerungstechnische Bauwerke
errichtet, z.B. im Brommygrün sowie unter dem Parkmittelweg, die der Rückstauproblematik bei
heftigen Niederschlägen entgegenwirken sollen.
Vor dem Hintergrund des sogenannten Zukunftsvertrages wurde seit Ende 2012 die Frage einer
stärkeren ::Zusammenarbeit zwischen
dem Landkreis Friesland und der Stadt Wilhelmshaven bis hin zur Fusion diskutiert. Der
Zukunftsvertrag war eine gemeinsame Erklärung zur Zukunftsfähigkeit der niedersächsischen
Kommunen, die die niedersächsische Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände am 17.
Dezember 2009 verabschiedeten. Der Vertrag sollte für Kommunen mit besonderen strukturellen
Problemen die Möglichkeit schaffen, dauerhaft eine Freistellung von bis zu 75 % ihrer
finanziellen Belastungen durch Zins und Tilgung der aufgelaufenen Liquiditätskredite zu
erhalten. Dies sollte in erster Linie für Gemeinden und Landkreise gelten, die bereit sind, mit
Nachbarkommunen zu fusionieren, und für Samtgemeinden, die zum Zwecke der
Haushaltskonsolidierung eine Umwandlung in eine Einheitsgemeinde anstreben. Im Falle einer
Fusion von Wilhelmshaven–Friesland hätte die Entschuldungshilfe für Wilhelmshaven 35 Millionen
EUR und für Friesland 9 Millionen EUR betragen.
Mit einem Gutachten wurden die finanzielle Auswirkungen auf die Stadt Wilhelmshaven und dem
Landkreis Friesland untersucht. Das
::Gutachten der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) wurde im
November 2013 veröffentlicht und empfahl eine Einkreisung der Stadt Wilhelmshaven in den
Landkreis Friesland. Jedoch lehnten beide Kommunen die Einkreisung im Dezember 2013 ab.
Im Jahr 2013 beschloss der Rat der Stadt Wilhelmshaven das ::Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept. Die im Konzept dargestellte Bestandsaufnahme prognostiziert eine unzureichende Reduzierung der CO2-Emissionen in Wilhelmshaven bis 2020 insgesamt um lediglich 14 %. Die CO2-Minderung bis 2050 liegt danach bei 34 % und damit deutlich hinter den Klimaschutzzielen der Bundesregierung zurück. Diese sehen bis 2020 40 % CO2-Reduktion und bis 2050 80 bis 95 % CO2-Reduktion vor. Diese Werte werden in Wilhelmshaven deutlich verfehlt. Das Fazit des Konzepts zeigt, dass die Klimaschutzbemühungen in Wilhelmshaven in allen Sektoren deutlich verstärkt werden müssen. Der Stadtrat verabschiedet daher regelmäßig sein Energiepolitisches Arbeitsprogramm (EPAP), das im Wesentlichen verschiedenen Maßnahmen mit unterschiedlicher Priorisierung bündelt. Aktuell ist das ::Energiepolitische Arbeitsprogramm 2021/2022 in der Umsetzung. Zur Umsetzung der Maßnahmen des Klimaschutzkonzeptes wurde im Mai 2017 ein Klimaschutzmanager eingestellt.
Ab 2013 stand eine Fusion des städtischen Reinhard-Nieter-Krankenhauses und des katholischen St. Willehad-Hospitals im Raum. Beide Häuser wiesen Sanierungsbedarfe und hohe Schulden auf. Ein neues gemeinsames "Krankenhaus der Maximalversorgung" sollte geschaffen werden. Das Land Niedersachsen sagte im Fall einer Fusion die umfangreiche Bezuschussung eines Krankenhaus-Neubaus am Standort Friedrich-Paffrath-Straße zu. Der Rat der Stadt Wilhelmshaven stimmte dann Ende Oktober 2013 der beabsichtigten Fusion grundsätzlich zu. Aber die ursprünglich zum 1. Januar 2014 geplante Fusion verzögerte sich zunächst immer wieder und der bereits notariell geschlossene Fusionsvertrag scheiterte schließlich an der Rechtsaufsicht. Zur Rettung des in Aussicht stehenden Neubaus wurde aus der geplatzten Fusion kurzfristig ein Kauf. Die Stadt Wilhelmshaven erwarb das St. Willehad Hospital von der Hospital-Gemeinschaft Jade-Weser für rund 11 Millionen EUR, um es dann gleich zu schließen. Der Mitarbeiterstab wurde vom Reinhard-Nieter-Krankenhaus übernommen. Die letzten drei Patienten wurden am 7. November 2014 in das Reinhard-Nieter Krankenhaus verlegt. Im Juli 2015 entstand aus den beiden Alt-Gesellschaften das neue Klinikum Wilhelmshaven gGmbH als kommunales Krankenhaus mit 617 stationären und 58 teilstationären Betten.
Ab Ende 2011 nahm der Erhalt der ::Südzentrale immer mehr Raum in der
öffentlichen Diskussion ein. Die denkmalgeschützte Südzentrale direkt neben der
Auffahrt zur
::Kaiser-Wilhelm-Brücke wurde in den Jahren 1909 bis 1911 als Kraftwerk für die
Kaiserliche Marinewerft errichtet. Die Planung und Errichtung des Gebäudes, bestehend aus
Maschinenhalle, Bürogebäude, Schalthaus und Kesselhaus mit einem ca. 70 m hohen Schornstein,
erfolgte durch den Marinebaumeister Fritz Riekert auf einem Areal von 17.000 m². Unter
Verwendung des damals relativ neuen Baustoffes Eisen gelang ihm ein ungewöhnlich leicht
wirkendes Industriegebäude, das mit zahlreichen Jugendstilornamenten verziert ist. 1993 erfolgte
das Ende der Nutzung als Kraftwerk. Seitdem stand der sich in privatem Besitz befindliche
Gebäudekomplex verlassen da und verfiel zusehends.
Der
::Verein zum Erhalt der Südzentrale wurde gegründet und unternahm zahlreiche
Aktivitäten, um das Gebäude einer Nachnutzung zuzuführen. Jedoch kam man mit der
Eigentümergesellschaft (BGI) zu keiner Einigung. Auch ein Kaufangbot seiten des Vereins wurde
abgelehnt.
Am 5. August 2015 begann ein Bagger mit dem endgültigen Abriss der oberirdischen Teile der
Südzentrale, nachdem die Stadt Wilhelmshaven die Genehmigung für den oberirdischen Teilabbruch
des denkmalgeschützten Gebäudes verfügt hatte. Lediglich ein Teil des Kesselhauses, in dem
geschützte Fledermäuse überwintern, blieb zunächst vorläufig erhalten, wurde dann aber im April
2016 ebenfalls endgültig abgerissen. Seitdem liegt das Grundstück mit den Überresten des
Gebäudes brach.
Im Dezember 2014 wurde bekannt, dass auf dem rund 5630 m² großen Grundstück der ehemaligen C&A-Filiale gegenüber der Nordseepassage ein Outlet-Shopping-Center entstehen soll. Errichter und Betreiber des 18-Millionen-Euro-Bauprojekts war die Kaiser-Wilhelm-Objektgesellschaft mbH Co KG. Im neuen ::Wilhelms Outlet-Center sollten nach den Planungen bereits im Herbst 2017 bis zu 60 Läden mit einer Gesamt-Nettoverkaufsfläche von rund 6000 m² entstehen. Der architektonisch anspruchsvolle Neubau war im Wilhelminischen Stil geplant und hatte zwei Ebenen sowie ein Parkdeck. Der ursprünglich für Juni 2015 geplante Abriss des ehemaligen C&A-Gebäudes, das optische Startsignal, verschob sich jedoch mehrfach und begann schließlich erst Anfang 2016. Doch das Projekt zog sich nach den beendeten Abrissmaßnahmen weiter in die Länge. Den großen Ankündigungen folgten immer wieder Vertröstungen. Im Januar 2017 gab der Projektentwickler und geschäftsführende Gesellschafter Jan D. Leuze im Interview mit der "Wilhelmshavener Zeitung" sein ::Ehrenwort, dass innerhalb der ersten drei Monate des Jahres 2017 auf dem Areal an der Ecke Virchowstraße/Ebertstraße mit der Pfahlgründung begonnen wird. Als ähnliche Outlet-Projekte von Leuze im nordbayrischen Feuchtwangen oder im hessischen Gelnhausen ebenfalls ins Stocken gerieten, machte sich in der Wilhelmshavener Bevölkerung Skepsis breit. Zu Recht, wie man heute weiß. Im Juli 2017 wurde die leere Brachfläche für das geplante Outlet-Center in Anwesenheit von etwa 30 Bürgern inoffiziell als "Ehrenwortplatz" eingeweiht. Danach tauchte das Areal nur noch vereinzelt in den Schlagzeilen auf, zumeist in Verbindung mit Wildparkern. Im August 2020 wurde das Grundstück an die Terragon AG verkauft, die auf dem Grundstück eine Service-Wohnanlage für Senioren im Premiumsegment mit rund 160 Wohneinheiten errichten wollte. Doch auch dazu kam es nicht, da die Terragon AG im Sommer 2022 Insolvenz anmelden musste.
Am 25. April 2015 wurde auf dem Wilhelmshavener Bismarckplatz ein neues ::Bismarck-Denkmal offiziell eingeweiht. Das in der Wilhelmshaven Bevölkerung nicht unumstrittende Denkmal zeigt eine 2,40 m Bronzestatue von ::Otto von Bismarck, die mit Blickrichtung Norden auf einem rau behauenem Sockel aus gebrochenem Granit steht. Die Kosten für Statue und Sockel übernahm der bekannte Wilhelmshavener Drehorgelspieler und Ehrenbürger August Desenz mit seiner August-Desenz-Drehorgel-Stiftung.
Zum Anlass des sechzigjährigen Bestehens der Bundeswehr fand am 13. Juni 2015 der erste "Tag der
Bundeswehr", eine Art Tag der offenen Tür, in Wilhelmshaven statt. Die standortübergreifende
Veranstaltung wurde gleichzeitig an mehreren Standorten der Bundeswehr durchgeführt.
Im ::Marinestützpunkt Heppenser
Groden gab es schon vor diesem Datum regelmäßige Veranstaltungen dieser Art. Die
wöchentliche Veranstaltungsreihe bot in den Sommermonaten, meist am Mittwoch, ein
abwechslungsreiches Programm, bei denen sich die Marine mit ihren spezifischen Aufgaben der
Bevölkerung präsentierte. Besucher haben die Möglichkeit, an geführten Touren durch die
Militäranlagen teilzunehmen, militärische Vorführungen zu erleben und mit Soldaten und
Angehörigen der Bundeswehr ins Gespräch zu kommen. Das Angebot wird nicht nur von
der Wilhelmshavener Bevölkerung, sondern auch bei den Urlaubern der umliegenden Ferienorte,
gerne genutzt.
Am 21. Juni 2017 beschloss der Rat der Stadt den ::Ersatzneubau für das
Klinikum Wilhelmshaven. Die Gesamtkosten des Neubaus sollen einschließlich eines
eingeplanten Risikoaufschlages rund 195 Millionen EUR betragen, an denen sich das Land
Niedersachsen mit Fördermitteln in Höhe von 99 Millionen EUR beteiligt. Das neue Gebäude
entsteht auf klinikeigenem Gelände unmittelbar neben den Bestandsgebäuden und hat rund 440
Betten. Als Planungs- und Architekturbüro wurde die Architekten a|sh Sander+Hofrichter aus
Ludwigshafen gewonnen.
Ursprünglich sollte das Bauprojekt zwischen den Jahren 2018 und 2022 realisiert werden, aber
Zank im Aufsichtsrat, juristische Spitzfindigkeiten, Streitigkeiten über mögliche Vergabearten,
Diskussionen über einen Baugeschäftsführer sowie Querelen um die Klinikum-Leitung hielten den
Baubeginn um rund zwei Jahre auf. Zumindest mit den vorbereitenden Maßnahmen zum Bau eines
Parkhauses sowie der Umgestaltung der Friedrich-Paffrath-Straße mit zwei Kreisverkehren konnte
bereits Ende 2016 begonnen werden. Das Parkhaus mit insgesamt 462 Stellplätze konnte dann am
8. März 2019 eingeweiht werden. Im Mai 2019 erhielt das Klinikum die Baugenehmigung für
den Neubau. Aber erst im Frühjahr 2021 wird das Baufeld auf dem ehemaligen Parkplatz
freigeräumt. Die Tiefgründung konnte beginnen. Über zahlreiche Tiefbrunnen erfolgte eine
Absenkung des Grundwassers, da das Fundament für den Neubau rund zwei Meter unter dem
Grundwasserspiegel liegt. Die Baugrube hat die Maße von rund 100 m x 60 m x 5 m.
Rund 900 Stahlbetonpfähle müssen in die Baugrube eingebracht werden.
Im Mai 2021 wurde bekannt, dass der in der ursprünglichen Planung vorgesehene
Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach des Neubaus eingespart werden soll. Der Verband der
Ersatzkassen (vdek) in Niedersachsen reagiert darauf mit scharfer ::Kritik.
Die Streichung ist Teil eines umfangreichen Sparprogramms anlässlich gestiegener Baukosten. Aber
die wirtschaftliche Situation der Kliniken in Deutschland verschlechterte sich während der
::Corona-Pandemie
und bringt auch das Klinikum Wilhelmshaven in eine wirtschaftliche Schieflage. Hinzu kamen
hausgemachte Probleme, die zu erheblichen Einbußen bei der Zahl der behandelten Fälle führten.
Die Stadt musste dem Klinikum im Oktober 2022 kurzfristig 20 Millionen EUR überweisen, um
eine Liquiditätslücke für den laufenden Betrieb bis Mitte 2023 ausgleichen. Als Folge wird bis
Mitte März 2023 vom Klinikum ein Sanierungskonzept erarbeitet, um es wirtschaftlich wieder auf
eine solide Basis zu stellen. Das hat auch Auswirkungen auf den Neubau, da im Sanierungskonzept
auch die Voraussetzungen für die Finanzierung des Neubaus überarbeitet werden. Die Vergabe für
den Rohbau des Wilhelmshavener Klinikums verzögert sich daher bis zur Vorlage des
Sanierungskonzepts.
Anfang Juni 2019 wurde im "Ausschuss für Kultur" ein neues ::Tourismus- und
Marketingkonzept inklusive einem Hotelentwicklungskonzept
vorgestellt und in der vorgestellten Form zunächst abgelehnt. Im Rat der Wilhelmshaven wurde das
Tourismus- und Marketingkonzept dann wenige Tage später am 26. Juni 2019 beschlossen.
Vom 14. – 16. Juni 2019 richtete die Stadt aus Anlass ihres 150. Geburtstages den ::Tag der Niedersachsen aus.
Der "Tag der Niedersachsen" ist ein mehrtägiges Fest, das alle zwei Jahre in
einer anderen Stadt oder Region in Niedersachsen stattfindet. Es ist das größte Landesfest in
Niedersachsen und bietet eine Vielzahl von kulturellen, sportlichen und politischen
Veranstaltungen sowie ein buntes Unterhaltungsprogramm für Besucher jeden Alters.
In Wilhelmshaven wurde der "Tag der Niedersachsen" maßgeblich durch den maritimen Charakter der
Ausrichterstadt geprägt. Zahlreiche Großsegler und Traditionsschiffe begleiteten das Fest.
Besondere Höhepunkte waren ein Höhenfeuerwerk am Freitagabend und ein Trachtenumzug am
Sonntagnachmittag – begleitet durch verschiedenste Institutionen, Vereine und
Verbände aus ganz Niedersachsen, die sich an den drei Tagen auf sieben Themenmeilen und sieben
Bühnen präsentierten. Die Veranstalter konnten zum Fest mehr als 300.000 Besucher begrüßen.
Bundesrepublik 2020 bis heute
Am 17. März 2021 kam es an der Marion-Dönhoff-Schule im Ortsteil Fedderwardergroden zu einem
verheerenden Großbrand. Gegen Mittag brach in einem Gebäudetrakt der Oberschule, einem
Plattenbau aus den 1970er Jahren, der Brand aus und zerstörte Teile der Schule vollständig. Alle
in der Schule befindlichen 239 Schüler, Lehrkräfte und Schulpersonal konnten rechtzeitig in
Sicherheit gebracht werden. Die Berufsfeuerwehr sowie Freiwillige Feuerwehren waren mit rund 110
Einsatzkräften Vorort. Als Brandursache konnte später eine vorsätzliche Brandstiftung durch
Schüler ermittelt werden. Da die Schüler jedoch strafunmündig waren, wurde das Verfahren durch
die Staatsanwaltschaft eingestellt. Die Marion-Dönhoff-Schule muss seit dem Brand mit
Ausweichquartieren arbeiten. Dies sind neben den noch nutzbaren Gebäudeteilen am eigentlichen
Schulstandort ein hergerichtetes Gebäude an der Kniprodestraße sowie ergänzende Containeranlagen
auf dem Schulgelände.
Aufgrund der umfangreichen Schäden beschloss der Rat der Stadt im März 2022 einen ::Neubau für die
Schule auf einem Areal an der Möwenstraße. Drei Monate später folgte die Entscheidung,
dazu eine Sport- und Mehrzweckhalle zu bauen, die auch als Stadtteilhaus genutzt werden kann.
Nach jetzigem Planungsstand wird der Neubau an der Möwenstraße mit 49,9 Millionen EUR
deutlich teurer als ursprünglich geplant und soll voraussichtlich 2028 fertiggestellt
werden.
Im Juni 2021 wurde in der Wilhelmshavener Zeitung eine ::Machbarkeitsstudie zur
Landesgartenschau 2026 des Büros HNW Landschaftsarchitektur in Hildesheim
veröffentlicht, die im Auftrag des Stadtrates erstellt wurde. In der Studie wurden bereits
einige Vorschläge gemacht, wie der ::Rüstringer
Stadtpark als zentrales Element für eine ::Landesgartenschau
aufgewertet werden könnte.
Kerngebiet der Überlegungen war das Gelände vom Bootshausbereich bis zum Rosenhügel. Ziel war
eine höhere Aufenthaltsqualität und das Bewahren der kulturhistorischen Authentizität. Im Juli
2021 sollte der Stadtrat auf Grundlage der Studie entscheiden, ob Wilhelmshaven sich für die
Landesgartenschau 2026 bewerben soll. Nach einer positiven Entscheidung hätten dann die
Bewerbungunterlagen erstellt und bis Ende September 2021 eingereicht werden müssen. Ende Juli
2021 teilte die Verwaltungsspitze um Oberbürgermeister Carsten Feist jedoch mit, dass man sich
aufgrund der angespannten Haushaltslage entschlossen hat, die Bewerbung zur Landesgartenschau um
mindestens vier Jahre zu verschieben. Grundsätzlich stand die Verwaltung aber weiter hinter dem
Projekt und hielt es für touristisch attraktiv und ökologisch verträglich. Später wurden die
Pläne dann ganz aufgegeben, nachdem bekannt wurde, dass zur Vorbereitung der Landesgartenschau
Teile des Parks
halbjährig gesperrt werden müssten. Dies löste starke Bürgerproteste aus, die dem
Projekt die Zustimmung der Mehrheit der politischen Parteien entzogen.
Am 3. Oktober 2022 kam es in einem leerstehenden Eckgebäude an der Kreuzung Peter- und
Schillerstaße zu einen Großbrand. Die Flammen breiteten sich im Gebäudeteil an der
Schillerstraße schnell aus und
sprangen auf den Dachstuhl über, von wo sich das Feuer schließlich auf das Gebäudeteil in der
Peterstraße ausweiteten. Die Feuerwehr war mit rund 70 Einsatzkräften vorort und konnte ein
Übergreifen der Flammen auf benachbarte Gebäude verhindern. Während die Feuerwehr den Brand
erfolgreich unter Kontrolle brachte, stellte sich im Rahmen der Ermittlungen zur Brandursache
heraus, dass in dem Haus eine Drogenplantage betrieben wurde. Es wurden eine größere Anzahl von
Cannabispflanzen sowie Equipment zum Betrieb einer Plantage gefunden und beschlagnahmt. Wegen
Einsturzgefahr wurde der betroffene Gebäudekomplex abgerissen werden. Trotzdem kümmerte sich der
Eigentümer aber nicht um die Brandruine sowie den notwendigen Abriss, sondern er setzte sich ins
Ausland ab. Aufgrund der Gefährdungslage musste die Stadt Wilhelmshaven daher in Vorleistung
gehen und
auf Kosten des Steuerzahlers die Ruine abreißen lassen.
Bereits einige Tage danach war von dem Gebäude nur noch ein riesiger Schuttberg zu sehen. Dieser
war
lange ein Ärgernis und Schandfleck, unter anderem auch da der Verkehr auf der Peterstraße, eine
der Hauptverkehrsstraßen von Wilhelmshaven nur noch einspurig am Grundstück vorbeigeführt werden
konnte. Fußgänger mussten die Straßenseite wechseln.
Erst ein Jahr nach dem Großfeuer konnte der Schutt der abgerissenen Brandruine an der
Peterstraße weggeräumt werden. Da der Besitzer untertaucht war, musste erst rechtlich geklärt
werden, wie man mit dem Grundstück umzugehen hatte. Letztlich erwarb die Deutsche Stadt- und
Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH (DSK) im Rahmen einer Zwangsversteigerung und im Auftrag
der Stadt das Grundstück – samt Schuttberg für ein Gebot von 3.390 EUR. Anschließend musste der
Schuttberg entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen aufwendig entsorgt werden. Bis zur
endgültigen Räumung des Schuttbergs kam es dann immer wieder aus unterschiedlichen Gründen zu
Verzögerungen. Auch nach der Räumung konnte die Absperrung auf der Peterstraße noch nicht
komplett aufgehoben hat. Grund: Der
Gehweg am Rande der Abrisshalde wurde in Mitleidenschaft gezogen und musste erneuert werden. Das
erfolgte dann erst Ende 2023.
Im September 2024 berichtete die Wilhelmshavener Zeitung, dass es zwei Interessenten für das
Grundstück gab. Das Höchstgebot betrug 46.000 EUR. Mit dem Verkauf des geräumten Grundstücks
konnte die Stadt Wilhelmshaven das leidige Thema dann entgültig abschließen.
::NWZ-Online: Großbrand in
Mehrfamilienhaus in Wilhelmshaven
Am 17. Dezember 2022 eröffnete Bundeskanzler Scholz in Wilhelmshaven das erste
Flüssigerdgas-Terminal Deutschlands. Er lobte das in der Rekordzeit von Mai bis November 2022
errichtete ::LNG-Terminal
Wilhelmshaven als einen "ganz wichtigen Beitrag für unsere Energiesicherheit". Nach
dem ::Beginn
des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und den damit verbundenen
ausbleibenden Erdgaslieferungen aus Russland sollen über das LNG-Terminal Wilhelmshaven jährlich
rund sechs Prozent des deutschen Erdgasbedarfs ins Netz eingespeist werden. Herzstück des
LNG-Terminals ist das fast 300 Meter lange Spezialschiff ::Höegh Esperanza, das das von
Tankschiffen angelieferte verflüssigte Erdgas an Bord in den gasförmigen Zustand umwandelt und
in das deutsche Gasnetz einspeisen soll. Am 16. Januar 2023 startete mit der Ankunft des
US-amerikanischen LNG-Tankers "Maran Gas Ithaka" der Regelbetrieb der Anlage. Umweltschützer
kritisieren, dass der Betreiber Uniper Chlor als Biozid einsetzt, um die benötigten
Wassersysteme des Terminalschiffes "Höegh Esperanza" zu reinigen. Sie fürchten Schäden für die
Artenvielfalt der Jade. Die zuständigen Behörde beim ::Niedersächsischen
Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hatte die beantragte
Menge genehmigt, da sie innerhalb der zulässigen Grenzwerte ist.
Am Dienstag, den 13. August 2024, schaffte es die Stadt Wilhelmshaven mit einer Kurznachricht in
die
20 Uhr Nachrichten der ::Tagesschau
im Ersten. Was war der Grund? Nahezu das gesamte Stadtgebiet mit rund
45.000 Haushalten war von einem Ausfall der Trinkwasserversorgung betroffen. Die Ursache waren
zwei fast zeitgleich auftretende Beschädigungen an wichtigen Wasserleitungen, die gegen 11
Uhr im Zuge von laufenden Bauarbeiten aufgetreten waren. Aufgrund der Beschädigungen kam es im
gesamten Trinkwasserversorgungnetz zu einem massiv verminderten Wasserdruck, so dass nur noch
an Zapfstellen im Erdgeschossbereich ein wenig Wasser floss. Einwohner mit Zapfstellen in höher
gelegenen Etagen saßen auf dem Trockenen. In der Folge berief die Stadt Wilhelmshaven einen
Krisenstab ein. Gegen 13:15 Uhr wurde die Bevölkerung über die App ::Katwarn über die
Situation informiert. Bis dahin gab es lediglich Kurzinformationen über die Internetauftritte
des Wasserversorgers GEW und der Stadt Wilhelmshaven.
Die Reparatur der Leitung auf Höhe der Gaststätte Antonslust konnte dann gegen 15 Uhr
erfolgreich beendet werden. Die Arbeiten an der zweiten beschädigten Leitung am Ortsausgang
Accum
zwischen dem Wasserwerk Feldhausen in Schortens und der Stadt Wilhelmshaven dauerten den
gesamten Tag über an. Immerhin stieg der Wasserdruck in den 45.000 betroffenen Haushalten seit
dem Dienstagabend wieder deutlich an, nachdem entsprechende Umschaltungen vom Wasserversorger
GEW erfolgten. Am nächsten Tag war von der Störung im Stadtgebiet nicht mehr viel zu spüren.
Längere Auswirkungen hatte der Rohrbruch im Schortenser Stadtteil Accum, denn aufgrund des
Rohrbruchs dort standen mehrere Abschnitte komplett unter Wasser. Unterspülungen sorgten für
Schäden an Straßen und Gehwegen. Die Ortsdurchfahrt, Wilhelmshavener Straße (L814), war noch
wochenlang gesperrt.
::Tagesschau
vom 13. August 2024,
siehe ab Minute 7:50
Weitere Informationen zur Geschichte
::Stadtgeschichte auf Wikipedia
::Stadtgeschichte auf wilhelmshaven.de
::Stadtgeschichte(n) – Eine Aufsatzsammlung des Stadtarchivs auf
wilhelmshaven.de
::Stadtgeschichte
auf 150-jahre-whv.de
::Wilhelmshaven – Historische Stadtpläne und Landkarten
::Wilhelmshaven – Historische Straßennamen
::Historische Straßennamen auf wilhelmshaven.de